Leseprobe
2.1Organisationseinheiten
Der MRP-Lauf wird maßgeblich von drei Organisationseinheiten beeinflusst: dem Werk, dem Dispositionsbereich und dem Lagerort. Der Dispositionsbereich ist hierarchisch unter dem Werk angesiedelt.
Das Merkmal Werk entspricht tatsächlich in den meisten Fällen auch dem körperlichen Werksgelände. Allerdings sind auch Abweichungen hiervon möglich, beispielsweise wenn mehrere Werke auf einem Werksgelände bestehen oder ein entferntes Außenlager existiert, das aber dennoch zum Werk gehört. Die Organisationseinheit Werk beeinflusst nicht nur die Disposition und die Materialwirtschaft, sondern auch Kalkulation und Buchhaltung. Auf diese Bereiche kann aus Umfangsgründen im Folgenden nicht näher eingegangen werden. Näheres finden Sie in der einschlägigen Literatur zu diesen SAP-Modulen (vgl. Kapitel 7).
Die Bedarfsplanung erfolgt in der Regel auf Werksebene. Das bedeutet, dass je Material sämtliche Bedarfe, Bestände und Zugänge miteinander verrechnet werden. Dabei ist es ganz egal, in welchem Lager ein Bestand liegt, auf welcher Maschine ein Auftrag bearbeitet wird bzw. aus welchem Lager eine Auslieferung erfolgen soll. Die Bedarfsplanung reagiert auch dann nicht, wenn der Bestand in Lager A ist, die Auslieferung aber aus Lager B erfolgen soll, solange die Bestandsmenge größer als die Liefermenge ist. Da das Werk von allen drei Organisationseinheiten die größte Bedeutung für die Bedarfsplanung hat, sind auch alle Auswertungen – wie beispielsweise die »Bedarfs-/Bestandsliste« – auf eine werksspezifische Darstellung ausgerichtet. Auch die Pflege der Materialstammdaten, wie beispielsweise zu Losgrößen- oder Dispositionsverfahren sowie zum Sicherheitsbestand, erfolgt auf Werksebene.
Der Lagerort ist eine Organisationseinheit der Bestandsführung und ermöglicht eine Trennung der Bestände innerhalb eines Werkes. Er muss jedoch nicht deckungsgleich zu Ihrem physischen Lager sein: Sie können mit einem Lagerort mehrere Lager abbilden oder eines in mehrere Lagerorte aufteilen. Lagerorte ermöglichen es Ihnen auch, von dem grundsätzlichen Vorgehen abzuweichen, alle Bestände in die Bedarfsplanung einfließen zu lassen, indem Sie einzelne Lagerorte von der Werksdisposition ausschließen. Sie planen dann entweder diesen Lagerort gar nicht, oder die Bedarfsplanung schlägt Ihnen bei Unterschreitung eines vorab im Materialstamm definierten Meldebestandes eine feste Menge aus den anderen Lagerorten zur Umlagerung vor (Genaueres hierzu siehe Abschnitt 2.6.1). Dieses Vorgehen wird ausreichen, wenn Sie Materialien sowohl als Komponenten in Ihrem Geschäftsprozess als auch als Hilfs- und Betriebsstoffe für Ihre Anlagen benötigen. In diesem Fall können Sie eine Menge auf einen besonderen Lagerort buchen, die dann nicht länger als Produktkomponente zur Verfügung steht und bei Bedarf nachproduziert wird.
Bei komplexeren Anforderungen kann Ihnen diese Lagerortdisposition allerdings nicht mehr helfen, da Sie auf Lagerortebene nur einen Bruchteil der Stammdaten pflegen können, die Ihnen auf Werksebene zur Verfügung stehen. Dann kann es sein, dass Sie mit Dispositionsbereichen arbeiten werden.
Dispositionsbereiche sind Organisationseinheiten, die zwischen dem Werk und den Lagerorten angesiedelt sind. Man unterscheidet:
- Werksdispobereich,
- Dispobereiche für Lagerorte und
- Dispobereiche für Lohnbearbeiter.
Für jedes Werk existiert genau ein Werksdispobereich. Dieser umfasst alle Lagerorte und Lohnbearbeiter-Bestände, die Sie nicht explizit einem anderen Dispositionsbereich zugeordnet haben. Sie können einen oder mehrere Lagerorte einem Dispobereich zuordnen, der getrennt vom Rest des Werkes geplant wird. Einem Dispobereich kann nur ein Lohnbearbeiter zugeordnet werden.
Hinweis
Lohnbearbeiter sind Lieferanten, die Ihnen kein Material verkaufen, sondern Dienstleistungen an Ihrem Material erbringen. Das Besondere bei diesen Prozessen ist, dass Sie dem Lieferanten das Ausgangsmaterial zwar liefern, dieses aber weiterhin Ihr Eigentum bleibt und Sie nur die Dienstleistung bezahlen. Um das Ausgangsmaterial korrekt planen zu können, muss auch ein solcher Prozess in die Bedarfsplanung eingebunden werden. Beispiele für solche Lohnbearbeitung können Härtereien im Bereich der Metallverarbeitung oder Kontraktpacker in der Lebensmittelindustrie sein.
Gegenüber der Disposition auf Lagerortebene bieten sich Ihnen bei Dispositionsbereichen mehr Möglichkeiten bei der Auswahl von Dispositionsstammdaten (unterschiedliche Dispositionsmerkmale, mehr Losgrößenverfahren etc.), und Sie können mehrere Lagerorte zu einer gemeinsam geplanten Einheit zusammenfassen.
Hinweis
Dispositionsbereiche sind von SAP als optionale Organisationseinheiten vorgesehen worden. Es kann daher sein, dass in Ihrem SAP ERP keine Dispositionsbereiche aktiviert sind. Deren Aktivierung ist keine Entscheidung, die Sie leichtfertig treffen sollten, da sie Ihr gesamtes SAP ERP in den Modulen SD, MM und PP betrifft und nur unter sehr hohem Aufwand rückgängig gemacht werden kann.
Abbildung 2.1 verdeutlicht Ihnen Zusammenhänge und Struktur der unterschiedlichen Organisationseinheiten:
Abbildung 2.1: Organisationseinheiten
Planungsumfang
Wenn Sie mit Dispositionsbereichen arbeiten, empfiehlt SAP die Verwendung des Planungsumfangs, um im MRP-Lauf die zu planenden Organisationseinheiten zu gruppieren. Diesen Planungsumfang müssen Sie vorab im Customizing einstellen.
Dabei vergeben Sie einen vierstelligen Schlüssel sowie eine Bezeichnung für den Planungsumfang und ordnen dann die Dispobereiche in der Reihenfolge, in der sie geplant werden sollen, diesem Planungsumfang zu. Eventuelle Zirkelbezüge durch Supply-Chain-Beziehungen zwischen den Werken werden dabei vom Planungslauf berücksichtigt. Allerdings sollte die grundsätzliche Reihenfolge eingehalten werden und beispielsweise ein Vertriebsdispobereich vor dem Werksdispobereich, in dem die Produktion stattfindet, geplant werden.
Abbildung 2.2: Planungsumfang, Definition
Fabrikkalender
Im Bereich der Bedarfsplanung ist es wichtig, zu wissen, an welchen Tagen gearbeitet wird und an welchen nicht. Eine Bestellung zur Anlieferung an einem arbeitsfreien Sonntag würde wahrscheinlich bei Ihnen ansonsten nur Kopfschütteln verursachen. Um das zu vermeiden, wird jedem Werk im Customizing ein Fabrikkalender zugeordnet. Dieser besteht aus einem Feiertagskalender und der Arbeitstagdefinition (vgl. Abbildung 2.3). Im Feiertagskalender werden die gültigen Feiertage aufgelistet. In SAP ERP sind für alle Bundesländer und auch für andere Staaten neben Deutschland entsprechende Feiertagskalender voreingestellt, ebenso gibt es bereits einige Fabrikkalender. Sie müssen ggf. neue Fabrikkalender erstellen, wenn die von Ihnen benötigte Kombination von Feiertagskalender und Wochenarbeitstagen noch nicht eingerichtet ist – beispielsweise bei einer Sechs-Tage-Woche mit sächsischen Feiertagen.
Abbildung 2.3: Definition eines Fabrikkalenders
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