Praxishandbuch DSGVO und Retention Management mit SAP ILM

2.1   Klassische Datenarchivierung vs. SAP ILM

Die klassische SAP-Datenarchivierung über das Archive Development Kit (ADK) hat sich als Methode zur Archivierung von Daten in SAP-Systemen zur Leistungssteigerung etabliert. Sie erfuhr in den letzten Jahren nur minimale Optimierungen, weshalb das ADK wenig bis kaum verändert wurde. Die Einführung von SAP ILM hat die Handhabung der Daten deutlich verbessert. Letztere können darüber nicht mehr nur archiviert und sicher aus der Datenbank entfernt werden. Vielmehr steht dem Anwender nun eine Verwaltung über ihren ganzen Lebenszyklus zur Verfügung. Aus diesem Grund spricht man bei SAP ILM von einer Erweiterung der SAP-Datenarchivierung, denn die ganzheitliche Lösung bringt verschiedene zusätzliche Funktionen mit sich.

Die Möglichkeiten, die Ihnen SAP ILM bietet, stellt Abbildung 1.1 dar. Abgesehen von der erweiterten Datenarchivierung unterscheidet sich die neue Komponente von der klassischen Datenarchivierung durch die Funktionen des Retention Management sowie der Systemstilllegung.

Die klassische, auf dem ADK basierende SAP-Datenarchivierung bietet keine Möglichkeit, den gesamten Datenlebenszyklus zu verwalten. Dort können Sie lediglich die Residenzzeiten von Daten festlegen und auf diese Weise bestimmen, wann welche Daten aus der Datenbank archiviert werden dürfen. Mit dieser Variante ist es sehr aufwendig, die Anforderungen der DSGVO mit Blick auf personenbezogene Daten zu erfüllen. Mit SAP ILM können Sie hingegen anhand des Information Retention Manager (IRM) diese Lücke füllen und die Umsetzung der EU-DSGVO-Maßnahmen automatisieren. So reduzieren Sie den Umfang der anfallenden Aufgaben. Den IRM werden Sie in Abschnitt 3.1 genauer kennenlernen.

Ein weiterer Unterschied von SAP ILM zur klassischen SAP-Datenarchivierung ist das Sperren von Daten. Sie haben im vorherigen Kapitel gelernt, dass personenbezogene Daten nach Ablauf ihres Verwendungszwecks gemäß den Richtlinien der DSGVO gesperrt werden müssen. Während die klassische SAP-Datenarchivierung die Funktion des vereinfachten Sperrens nicht vorhält, ist dies mit SAP ILM kein Problem. Wie Sie Daten sperren, werden wir Ihnen in Kapitel 4 erläutern.

2.1.1   ILM-Objekt (Datenarchivierungs- und Vernichtungsobjekt)

Das ILM-Objekt ist der Kern der ILM-erweiterten Datenarchivierung. Es führt, einfach ausgedrückt, zwei Objekte zusammen: das Archivierungsobjekt und das Datenvernichtungsobjekt (siehe Abbildung 2.1).

Abbildung 2.1: ILM-Objekt – Aufbau

Mit dem Archivierungsobjekt werden die Daten in einem Archivierungslauf in eine Archivdatei geschrieben und vollständig aus der Datenbank entfernt. Dabei werden sie grundsätzlich in ein Archiv verlegt. Das Archivierungsobjekt definiert, welche Daten aus welchen Datenbanktabellen für einen Archivierungslauf betrachtet werden.

Ein Datenvernichtungsobjekt ist als logisches Objekt betriebswirtschaftlich zusammenhängender Daten in der Datenbank definiert. Diese werden nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist anhand eines zugehörigen Datenvernichtungsprogramms aus der Datenbank gelöscht. Prinzipiell ist das Vernichtungsobjekt nur für die Vernichtung von Daten zuständig. Bei einigen Objekten ist ein Vorlauf vorgesehen.

Das Archivierungsobjekt wird über die Transaktion SARA gesteuert, das Vernichtungsobjekt mit der Transaktion ILM_DESTRUCTION. Sofern ein Archivierungs- oder Vernichtungsobjekt genau einem ILM-Objekt zugeordnet werden kann, wird dieses als ILM-fähiges Archivierungsobjekt bezeichnet. Zudem kann der Fall eintreten, dass mehrere Archivierungs- oder Vernichtungsobjekte auf ein ILM-Objekt passen. Ist ein Objekt als ILM-fähiges Archivierungsobjekt deklariert, werden die ILM-Aktionen des Archivierungsobjekts in der Transaktion SARA angezeigt. Im klassischen Archivierungsobjekt finden Sie im Schreiblauf unter den Selektionen keine ILM-Aktionen.

Abbildung 2.2: Archivierungsobjekt SD_VBAK – Schreiblaufvariante

Sie sehen in Abbildung 2.2 die Selektionsmaske des Schreiblaufs für das Archivierungsobjekt SD_VBAK. Die Selektionsmaske erweitert sich, sobald Sie das Archivierungsobjekt in ein ILM-Objekt umwandeln. Erst dann werden die ILM-Aktionen angezeigt. Wie ein Archivierungsobjekt zu einem ILM-fähigen Archivierungsobjekt wird, erfahren Sie in Kapitel 3.

Abbildung 2.3: ILM-Objekt SD_VBAK – Schreiblaufvariante

In der Selektionsmaske des Schreiblaufs für das ILM-Objekt SD_VBAK sind nun die ILM-Aktionen ergänzt (siehe Abbildung 2.3). Darunter befinden sich die Funktionen Archivierung, Schnappschuss und Datenvernichtung. Einzelne Funktionen können bei einigen Objekten entfallen. Wie Sie diese ILM-Aktionen verwenden und wie diese funktionieren, erfahren Sie in Abschnitt 2.3.1.