Leseprobe
2.1 Vereinfachte Datenstrukturen
In der Vergangenheit waren in »klassischen« SAP-Systemen, die nicht über S/4HANA-Funktionalitäten verfügen, und sind auch heute noch viele verschiedene Datenbanktabellen im Einsatz, die diverse Informationen aus der Finanzbuchhaltung und dem Controlling sowie aus weiteren eingesetzten Modulen speichern. Im Rahmen von Monats- und Jahresabschlussaktivitäten geht es regelmäßig darum, diese in Tabellen erfassten Informationen zu vergleichen und abzustimmen. Ziel ist es, möglichst redundanzfreie Auswertungen erstellen und analysieren zu können, die aussagekräftig für das Management und wichtige Entscheidungsträger im Unternehmen sind. Sehr oft kommen für Auswertungszwecke Data Warehouses (z.B. BW/BI-Systeme) oder andere externe Reportingtools zum Einsatz.
Abbildung 2.1 verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den Abstimmaktivitäten der diversen Controlling- und Finanzbuchhaltungsmodule, die in einem »klassischen« SAP-System erforderlich sind.
Abbildung 2.1: Abstimmaktivitäten in der Fibu und im Controlling ohne S/4HANA
S/4HANA weist den Weg zur Vereinfachung der soeben erläuterten Datenstrukturen und der zugrunde liegenden Prozesse.
2.1.1 Die ACDOCA-Tabelle
Mit der Entwicklung der In-Memory-Technologie konnte die SAP die Idee des Universal Journals umsetzen. Die In-Memory-Technologie von HANA-Datenbanken erlaubt schnelle Datenanalysen und die Aggregation großer Datenmengen in kurzer Zeit. Es ist nicht erforderlich, Daten zu replizieren. Daten können mit einem einfachen Extraktor ins Business Warehouse (BW) übertragen werden, sofern dieses bereits vorhanden ist.
Das Universal Journal bildet hierzu die Basis. Es handelt sich dabei um eine Tabelle mit dem Namen »ACDOCA«, die bei Istbuchungen sämtliche Informationen aus der Finanzbuchhaltung und dem Controlling speichert. Sie beinhaltet außerdem Feldinformationen aus der Anlagenbuchhaltung und dem Material-Ledger. Das Universal Journal ist seit der Version S/4HANA Finance 1503 verfügbar.
Informationen, die bisher in verschiedenen Tabellen und Belegen abgelegt waren, werden nun zentral in dieser einen Tabelle gesammelt. Dies bedeutet konkret, dass fast alle Daten einer Buchung in nur einer Zeile des Universal Journals fortgeschrieben werden (siehe Abbildung 2.2).
Abbildung 2.2: Prinzip des Universal Journals – Tabelle ACDOCA
Es bedarf keiner gesonderten Abstimmaktivität mehr. Die Daten werden lediglich an einer zentralen Stelle vorgehalten und können von dort aus ausgewertet werden.
Für Anforderungen aus der (kalkulatorischen) Ergebnisrechnung können spezifische Felder für die Merkmale im Universal Journal selbst definiert und angelegt werden. Es ist weiterhin möglich, die kalkulatorische und buchhalterische Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (kurz CO-PA – Controlling Profitability Analysis) parallel einzusetzen. Der strategische Fokus der SAP lag in der letzten Zeit jedoch klar auf der Entwicklung der buchhalterischen Ergebnisrechnung. Teilweise wurden Funktionalitäten aus der kalkulatorischen Ergebnisrechnung in diese Komponente übernommen. SAP nennt das entwickelte Ergebnis nun nicht mehr CO-PA oder Ergebnisrechnung, sondern Margin Analysis (CO-MA).
Individualisierung der ACDOCA
Die ACDOCA kann um kundenspezifische Felder erweitert werden, z.B. um solche mit Bezug zur Ergebnisrechnung, Anlagenbuchhaltung, zum Hauptbuch oder zum Material-Ledger.
Mit der Einführung von S/4HANA wird außerdem auf Summensatztabellen verzichtet: Die schnelle Datenbanktechnologie von S/4HANA macht diese Tabellen obsolet.
Die Belegkopfinformationen werden Sie parallel zur ACDOCA auch weiterhin in den bekannten Tabellen wie in dem Belegkopf für Buchhaltung (BKPF) oder im CO-Objekt Belegkopf (COBK) finden.
COBK oder BKPF?
Die aktuelle Zielsetzung der SAP ist es, COBK durch BKPF zu ersetzen. Dies entspricht im Prinzip der generellen Harmonisierung der FI- und CO-Tabellen innerhalb von SAP.
Allerdings kann es in der ACDOCA auch Einträge ohne Bezug zu einem Belegkopf geben. Dies ist der Fall, wenn es sich nicht um Standard-Prozessbuchungen handelt (z.B. Migrationsbuchungen).
Die ACDOCA bildet zudem die Basis für alle CO-relevanten Kostenarteninformationen. Damit sind sowohl Primär- als auch Sekundärkosteninformationen gemeint; beide Kostenarten sind in S/4HANA über Konten im System abgebildet.
2.1.2 Verzicht auf FI- und CO-Tabellen
Abbildung 2.3 zeigt alle Summensatztabellen, die mit der Einführung des Universal Journals entfallen. Sie können diese Tabellen zwar weiterhin aufrufen, allerdings nur über sogenannte Compatibility Views (Kompatibilitätssichten), die die Daten in gewohnter Form darstellen. Nachfolgend erläutere ich Ihnen kurz den Hintergrund.
Abbildung 2.3: Mit S/4HANA entfallende Summensatztabellen
Eine weitere Innovation in S/4HANA ist die Änderung der Datenselektionslogik von Zeilen hin zu Spalten. Wurden für Datenselektionen bisher die einzelnen Buchungszeilen »durchlaufen«, so wird in S/4HANA auf Spaltenebene selektiert. Dadurch wird eine sehr viel höhere Geschwindigkeit für den Aufruf von Berichten erzielt und das Datenmodell kann auf einige Tabellen verzichten. Nichtsdestotrotz möchten Sie im Controlling vermutlich weiterhin Ihre »gewohnten« Datenbanktabellen abfragen. Zudem sind zahlreiche Report-Painter- und Report-Writer-Berichte so programmiert, dass sie auf die bestehenden Tabellen zugreifen. Aus diesem Grund stehen die bekannten Tabellen für die abgeschafften Summensätze weiterhin als Kompatibilitätssichten zur Verfügung, und die Daten können darin wie bisher angesehen sowie analysiert werden. Die View V_COEP entspricht beispielsweise der COEP-Tabelle für CO-Einzelposten.
Die Transaktion SE16H
Für spontane Datenbankaufrufe, die beispielsweise bisher mit der Transaktion SE16N erfolgten, steht nun auch die Transaktion SE16H zur Verfügung. Fragen Sie mit ihr die COEP-Tabelle ab, so werden die Daten physisch aus der ACDOCA gelesen.
SAP hat mit den Compatibility Views die Schnittstellen des Rechnungswesens an die neuen Datenstrukturen von S/4HANA angepasst. Programmierungen, die bereits bestehen, können nach wie vor genutzt werden und Standardprogramme funktionieren weiterhin.
Diese Lösung wird aber nur noch für einen gewissen Zeitraum zur Verfügung stehen. Die SAP arbeitet bereits daran, dass die Datenabfragen direkt auf die ACDOCA zugreifen können.
Fortschreiben der FI- und CO-Einzelposten in S/4HANA
Bitte beachten Sie, dass die Datenerfassung zukünftig nicht mehr in den spezifischen FI- und CO-Tabellen erfolgt. Stattdessen werden die Einzelposten für die entsprechenden Buchungen in der ACDOCA gespeichert.
Auch die im Finance-Umfeld bisher üblichen Indextabellen werden mit S/4HANA abgeschafft. Wiederum helfen Compatibility Views, um die Daten zu lesen. Abbildung 2.4 zeigt die Indextabellen im Detail.
Abbildung 2.4: Übersicht der mit S/4HANA entfallenden Indextabellen
Weitere Tabellen, die langfristig abgelöst werden, sind:
- FAGLFLEXA: Neues Hauptbuch – Einzelposten
- COEP: CO-Einzelposten – Einige Werttypen können noch nicht in die ACDOCA fortgeschrieben werden, deswegen ist die COEP mit Release 1809 weiterhin im Einsatz (ebenso COSP_BAK und COSS_BAK); die Werttypen 4 und 11 können bereits in die ACDOCA fortgeschrieben werden
- ANEA, ANLC, ANLP: Dies sind weitere Tabellen der Anlagenbuchhaltung
2.1.3 Fazit zum Universal Journal
Die ACDOCA legt die Grundlagen für eine einfache Datenauswertung und schnelle Abfragemöglichkeiten.
Sie beinhaltet sämtliche Daten für ein internes und externes Reporting. Mit S/4HANA Finance gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen FI-Konten und den wohlbekannten Kostenarten aus dem SAP Controlling. SAP wurde so programmiert, dass die Informationen der Kostenarten ab sofort in der FI-Maske integriert sind. Mit dieser Entscheidung hat die SAP die Abstimmaktivitäten zwischen FI und CO quasi hinfällig gemacht und ein Einkreissystem als echte Datengrundlage entwickelt. In Abschnitt 3.1 werde ich im Detail auf die Veränderungen bei den Kostenarten eingehen.
Folgende Tabellen können auch in SAP S/4HANA genutzt werden:
- Die Tabelle BSEG für Verdichtungen (Offene Posten etc.).
- Die klassische Profitcenter Rechnung (EC-PCA) wurde nicht verändert und kann wie gewohnt verwendet werden.
- Die FI-SL-Tabellen, z.B. im Bereich Public oder Joint Venture Accounting, sind unverändert und funktionieren wie bisher. Mit Release 1909 steht jedoch die Business Function JVA on ACDOCA zur Verfügung.
- Die kalkulatorische CO-PA und die entsprechenden Tabellen sind weiterhin nutzbar.
Alle Inhalte. Mehr Informationen. Jetzt entdecken.
et.training - Ihre Lernplattform für SAP-Software
- Zugriff auf alle Lerninhalte1
- Regelmäßige Neuerscheinungen
- Intelligenter Suchalgorithmus
- Innovatives Leseerlebnis
- Maßgeschneidere Lernpfade
- Zertifikate & QA-Tests2
1 Sie erhalten Zugriff auf alle Lerninhalte. Online-Trainings, Zertifikate sind NICHT Teil der Flatrate.
2 Weitere Informationen auf Anfrage.