Leseprobe
2.1 ERP Rollout Strategies – Ihre Optionen
Wenn es um eine ERP-Einführung in mehreren lokalen Einheiten geht, haben Unternehmen drei Hauptansätze zur Auswahl. Diese unterscheiden sich im Hinblick auf den Grad der Flexibilität sowie die damit verbundenen Risiken und Kosten:
1. Global Template mit lokalen Rollouts
2. Einzelne, individuelle Projekte
3. Consolidation Layer (Konsolidierungsschicht/Konsolidierungsebene)
Beim ersten Ansatz, einem Global Template mit lokalem Rollout, wird ein vordefiniertes Template verwendet. Es enthält eine Reihe von Geschäftsprozessen, TOM, Anwendungsmodellen sowie Projektmanagement- und Change-Management-Toolkits. Dieser Ansatz ist ein gängiges Verfahren bei großen Implementierungen, da es die Implementierungskosten senkt und die Geschäftsprozesse in allen Geschäftsbereichen standardisiert. Für lokale Einheiten kann die Einführung eines vordefinierten TOMs eine Änderung ihrer Arbeitsweise bedeuten. Sie wird jedoch in der Regel bevorzugt, da die Gesamtkosten der Implementierung niedrig sind und durch die Nutzung dieses Ansatzes die globalen Abläufe in den lokalen Einheiten standardisiert werden.
Ein Global Template erfordert ein klares TOM!
Um den Ansatz des Global Templates mit lokalen Rollouts zu verwenden, ist ein klares TOM von entscheidender Bedeutung. Ebenso ist eine Unterscheidung zwischen einem globalen Prozess und den Einzelheiten, die lokal angepasst werden können, zu definieren (siehe Abschnitt 1.3.2).
Der zweite Ansatz, individuelle Projekte, bietet mehr Flexibilität, um diversifizierten Geschäftsprozessen in verschiedenen Regionen und autonomen lokalen Einheiten Rechnung zu tragen, bei denen die Einführung eines starren Templates sehr riskant sein kann. In diesem Fall könnten sich Unternehmen für flexiblere Template-Rollout-Ansätze entscheiden, bei denen anfangs ein Template auf der Grundlage der SAP-Standardfunktionalität und der SAP Best Practices als Ausgangsposition erstellt wird, aber dann während des Rollouts auf Grundlage der Bedürfnisse lokaler Einheiten Template-Anpassungen vorgenommen werden. In diesem Fall ist jedes Rollout im Grunde eine neue Bereitstellung, bei der nur der Ausgangspunkt (die Vorlage) identisch ist.
Der dritte Ansatz, die Konsolidierungsebene, könnte von Organisationen gewählt werden, in denen unterschiedliche Geschäftsmodelle autonom nebeneinander existieren und wo dieses Modell sich als erfolgreich erwiesen hat. Aus verschiedenen Gründen möchte ein Unternehmen möglicherweise nicht alle Abläufe bis hinunter auf die Ebene der Länder und Regionen harmonisieren. Es kann sich dann je nach Zielsetzung für die Implementierung einer Konsolidierungsebene entscheiden, indem es beispielsweise eine Konsolidierung auf Hauptbuchebene durchführt, eine Unternehmensdatendrehscheibe aufbaut oder SAP S/4HANA-Konsolidierungsmodule implementiert.
SAP S/4HANA Central Finance
Informieren Sie sich über die Funktionen von SAP S/4HANA Central Finance, das Finanztransaktionen aus älteren ERP-Systemen – von SAP oder Drittanbietern – in die SAP S/4HANA-Tabelle mit einem gemeinsamen Datenformat überträgt. Die Harmonisierung des Finanzdatensatzes ist häufig der erste Schritt auf dem Weg zur digitalen Transformation des Finanzwesens. Die Lösung ermöglicht eine schrittweise Einführung von SAP S/4HANA und hilft Ihnen so, Unterbrechungen des Geschäftsbetriebs zu vermeiden und Risiken zu reduzieren.
Unserer Erfahrung nach haben globale, homogene Organisationen, die entweder über standardisierte Abläufe in verschiedenen lokalen Einheiten verfügen oder als starkes, zentralisiertes Unternehmen geführt werden, in der Regel ein geringes Risiko und weniger Herausforderungen bei der Umsetzung eines Global Templates. Beispiele für solche Unternehmen sind der in der Schweiz ansässige multinationale Lebensmittel- und Getränkeverarbeitungskonzern Nestlé, der amerikanische multinationale Konsumgüterhersteller Colgate-Palmolive Company und das multinationale Brauerei- und Getränkeunternehmen SABMiller (2016 von AB Inbev übernommen).
Demgegenüber wird es für Organisationen, innerhalb derer eigenständige, autonome lokale Einheiten operieren (z.B. wenn das Geschäft durch Übernahmen gewachsen ist), schwierig sein, unternehmensweit standardisierte Prozesse und Strukturen einzuführen. Eine starke und klare Vision und ein starkes Business Change Management sind äußerst wichtige Elemente, um eine solche Implementierung zum Erfolg zu führen. Der Schwerpunkt liegt auf der Umgestaltung des Unternehmens, was eine starke, angesehene Unternehmensführung erfordert.
Der Funktions- und Prozessumfang des Programms ist ebenfalls sehr wichtig für die Wahl des richtigen Ansatzes. Stellen Sie sich vor, Sie implementieren eine globale SAP-Lösung in der Fertigungsindustrie, in der es Fabriken gibt, die recht unabhängig voneinander arbeiten. Die Standardisierung von Prozessen und Daten in diesen Einheiten erfordert eine Anpassung der Produktionsabläufe und -maschinen. Dagegen kann die Einführung eines Templates in Kernprozessbereichen (die wahrscheinlich zentralisiert sind, wie z.B. Personal- und Finanzwesen) mit relativ geringem Risiko und relativ geringen Auswirkungen auf den Betrieb in den einzelnen Ländern erreicht werden.
2.1.1 Rollout Strategies – Bewertung der Vor- und Nachteile
Im Folgenden haben wir stichpunktartig einige Merkmale der verschiedenen Rollout Strategies aufgeführt.
Global und Local Template
Vorteile
- Einfachere Förderung von Best Practice, Harmonisierung, gemeinsamen Prozessen, Datenstandards und Systemnutzung nach der Einführung; bessere Übersicht über den globalen Betrieb
- Prozesse und Funktionen können kopiert und übertragen werden.
- Prozessmodell bildet die Grundlage des Templates
- Bei Einführung des Templates werden lediglich die rechtlichen Anforderungen je nach Land angepasst.
- Einmal eingeführte Prozesse lassen sich nur schwer ändern, vor allem im Hinblick auf die Verwaltung der Governance.
- Bester Ansatz für eine »globale« Instanz und alle Vorgänge auf einem System; bessere Sichtbarkeit an einem Ort
- Kostengünstigere Transaktionsverarbeitung mit geringerem Verwaltungsaufwand, die es den Unterstützungsfunktionen ermöglicht, Partnerschaften für die wirtschaftliche Wertschöpfung einzugehen
- Harmonisierte IT-Landschaft, Umgang mit weniger IT-Systemen und Schnittstellen; Optimierung des Supportmodells (geringere Wartungskosten)
- Bei Fusionen und Übernahmen ist eine effizientere Integration neuer Länder oder Unternehmen in das bestehende Geschäftsmodell möglich.
Nachteile
- Im Vorfeld muss definiert werden, was global und was local ist. Dies wirkt möglicherweise zunächst wie ein vermeidbarer Aufwand und kann als eine Verlangsamung des Fortschritts empfunden werden, beschleunigt aber bei richtiger Durchführung im weiteren Verlauf die Entwicklung und den Einsatz.
- Es ist eine klare Abfolge bei der Erstellung und Bereitstellung erforderlich – zunächst ist das Global Template zu vervollständigen und an geeigneter Stelle zu implementieren.
- Um die Einhaltung der Standards zu gewährleisten, ist eine starke Governance erforderlich.
Kommentare
- Global Templates werden in der Regel als Standard für globale, internationale SAP-Rollouts verwendet.
- Für diese Art der Umsetzung ist es wichtig, dass Sie ein klares und vereinbartes Zielbetriebsmodell (TOM) haben.
Individuelle Projekte
Vorteile
- Projekte können schnell eingerichtet werden.
- Projekte können parallel durchgeführt werden.
- Einfache Ausgliederung eines Geschäfts im Rahmen einer Veräußerung
Nachteile
- Das Template wird als Vorschlag verwendet und es ist schwierig sicherzustellen, dass das globale TOM eingeführt wird.
- Funktionalität kann nicht einfach von einem Projekt in ein anderes kopiert werden.
- Erhöhter Abstimmungsaufwand; während des Rollouts sind viele Gespräche mit den lokalen Stellen erforderlich
- Um die Redundanz von Geschäftsanforderungen zu vermeiden, werden den lokalen Einheiten die Kosten für zusätzliche Funktionen in Rechnung gestellt.
- Es ist nicht möglich, die Geschäftsergebnisse über die verschiedenen Projekte hinweg zu konsolidieren.
- Die Kosten sind höher, und es fehlen standardisierte Arbeitsweisen (globale Standards).
Kommentare
- Diese Variante sollte nur dann gewählt werden, wenn klar ersichtlich ist, dass die einzelnen Standorte oder Geschäftsbereiche in jedem Projekt unabhängig voneinander agieren.
- Es besteht die Gefahr, dass jedes Projekt seine eigenen Prozesse definiert.
- Ohne intensive Steuerung und Validierung ist es schwierig sicherzustellen, dass Best Practices in den verschiedenen Projekten umgesetzt werden.
Consolidation Layer
Vorteile
- Es handelt sich um eine gute Ergänzung zum Ansatz der einzelnen Projekte, um die Konsolidierung von Geschäftsergebnissen und die Sichtbarkeit über die verschiedenen Projekte hinweg zu ermöglichen.
- Siehe Vorteile der individuellen Projekte
Nachteile
- Kosten für die Implementierung und Verwaltung einer Konsolidierungsschicht sind relativ hoch.
- Siehe Nachteile der individuellen Projekte
Es liegt auf der Hand, dass Organisationen unterschiedliche Kombinationen der genannten Strategien anwenden können. Ein Ansatz, bei dem beispielsweise zu Beginn des Projekts eine erste Vorlage entwickelt und dann während des Projekts durch minimale Anpassungen weiterentwickelt wird, stellt einen Kompromiss zwischen den beiden Extremen dar.
Dennoch scheint der Ansatz mit vordefinierten Global Templates immer noch die am häufigsten verwendete Strategie zu sein, da die Organisation von den niedrigen Implementierungskosten und der Sichtbarkeit über die lokalen Einheiten hinweg nach dem Go-live profitiert.
Entscheidung über den Ansatz
Bei der Entscheidung, welcher Ansatz für Ihre Organisation am besten geeignet ist, sollten Sie die folgenden Faktoren aus dem TOM bewerten, da sie die Implementierung beeinflussen:
- Wie vielfältig ist das Unternehmen?
- Wie eigenständig sind die lokalen Einheiten?
- Scope und Industrie/Branche
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